Bauernhaus-Museum und Freie Scholle zeigen Lösungen in gemeinsamer Ausstellung

Zukunftsthema "Nachbarschaft"

„Hier ist gut wohnen. Genossenschaft ist Nachbarschaft“ unter dieser Überschrift präsentieren das Bielefelder Bauernhausmuseum und die Freie Scholle eine Ausstellung über das Wohnen in der Bielefelder Genossenschaft. Vom 4. März bis 1. Mai zeigen sie, wie sich Nachbarschaft fördern und damit das Wohnen und Leben in den Siedlungen nachhaltig beeinflussen lässt. Damit tragen Bauernhaus-Museum und Freie Scholle der zunehmenden Bedeutung von Nachbarschaft in unserer Gesellschaft Rechnung und geben gleichzeitig einen Einblick in ein wichtiges Stück Bielefelder Stadtgeschichte.

„Das Leben in Nachbarschaften ist eins der zentralen Zukunftsthemen unserer Gesellschaft“, begründet Bernhard Koppmann, Vorstandsvorsitzender der Freien Scholle, seine Initiative für die Ausstellung. So werde nachbarschaftliches Engagement und Nachbarschaftshilfe immer wichtiger, um die entstehenden Lücken im sozialen Netz dort zu schließen, wo die öffentliche Hand auf Grund knapper Kassen immer häufiger passen müsse.

Außerdem werde es den klassischen Familienverband in Zukunft nicht mehr geben. Für die Familie, in der heute noch viele Hilfsangebote beispielsweise auch für ältere Menschen eigenständig organisiert werden, können nachbarschaftliche Netzwerke eine gute Alternative seien. „Aber“, stellt Koppmann klar, „es geht nicht darum, dass man sich gegenseitig in die Kochtöpfe guckt, sondern es geht darum, in der Nachbarschaft füreinander da zu sein.“

Allerdings weiß auch Koppmann, dass sich Nachbarschaft nicht verordnen lässt. „Aber als Genossenschaft haben wir Rahmenbedingungen geschaffen, in denen Nachbarschaften entstehen und gelebt werden können. Dazu müssen wir die Fluktuation in den Siedlungen so niedrig wie möglich zu halten, denn nur so erhalten wir stabile Strukturen in den Siedlungen“, sagt Koppmann.

Für gute und funktionierende Nachbarschaften sei es aber besonders wichtig, dass sich die Bewohner mit ihrem Haus, ihrem Wohnumfeld und ihrer Siedlung identifizieren. Koppmann: „Nur dann bin ich bereit, mich für mein Wohnen zu engagieren.“ Dabei spiele die genossenschaftliche Selbstverwaltung eine zentrale Rolle. „Jede Genossenschaft gehört ihren Mitgliedern. Dementsprechend müssen wir Rahmenbedingungen schaffen, in denen die Mitglieder gemeinsam das Wohnen in ihrer Siedlung selbst gestalten können. Dann planen wir nicht über die Köpfe unserer Mitglieder hinweg und verhindern Fehlplanungen am Grünen Tisch.“

„Nachbarschaft ist nicht nur ein Thema für den ländlichen Raum, vielmehr braucht jedes Stadtviertel stabile Nachbarschaften“, weist auch Rosa Rosinski, Leiterin des Bauernhaus-Museums, auf die Bedeutung von Nachbarschaft hin. Seit ihrer Gründung im Jahr 1911 habe die Freie Scholle Strukturen entwickelt, die die Solidarität der Bewohner stärken und das nachbarschaftliche Miteinander fördern. Damit habe sie die Nazi-Zeit überstanden und nach dem Zweiten Weltkrieg entscheidend zum Wiederaufbau in Bielefeld beigetragen. Auf diese Weise habe die Freie Scholle immer wieder wichtige Impulse für die Stadtentwicklung geben können. In der Ausstellung im Bauernhaus-Museum könne man diese Entwicklung von der Gründung bis heute nachvollziehen und gleichzeitig sehen, welchen Weg die Freie Scholle eingeschlagen hat, um Nachbarschaft zu fördern.

In zwei Abschnitten gibt die Ausstellung dazu einen Überblick über die Geschichte der Freien Scholle von ihrer Gründung im Jahr 1911 bis heute. Der erste Teil zeigt den Film „Hier ist gut Wohnen.“ aus dem Jahr 1975 und die dazu gehörige Fotoausstellung. Im Rahmen ihrer Examensarbeit hatten damit fünf Design-Studenten der Fachhochschule Bielefeld, darunter auch die heutige Museumsleiterin, die Geschichte der Freien Scholle und das Leben in der Genossenschaft bis in die siebziger Jahre hinein durchaus kritisch dargestellt. Dieser Teil der Ausstellung ist inzwischen selbst ein historisches Dokument. Unter dem Titel „Genossenschaft ist Nachbarschaft“ zeigt die Freie Scholle im zweiten aktuellen Teil, wie sie das genossenschaftliche Wohnen von den siebziger Jahren bis heute weiterentwickelt hat.

Die Idee zur Ausstellung entstand beim 75-jährigen Jubiläum des Friedrich-Ebert-Hauses im August letzten Jahres. Sowohl die Ausstellung, als auch der dazugehörende Film waren lange Zeit in Vergessenheit geraten. Im Zuge der Vorbereitungen des Jubiläums waren beide wieder aufgetaucht. Kurzfristig entschloss man sich, sie mit in das Veranstaltungsprogramm aufzunehmen. „Die Resonanz darauf war so positiv, dass wir sie nun einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen möchten“, sagen Rosinski und Koppmann.

Zu sehen ist die Ausstellung jeweils dienstags bis freitags von 10 bis 18 Uhr und samstags und sonntags von 11 bis 18 Uhr. Die Eröffnung der Ausstellung findet am Sonntag, den 4. März um 11.30 Uhr statt. Dann führt Frank Bell den 16 mm-Film „Hier ist gut Wohnen“ in seiner Originalfassung vor. Der Film ist mittlerweile technisch überarbeitet und zum Preis von 5 € auf DVD erhältlich.


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